Armut in der Pandemie erreicht neuen Höchststand: Der Paritätische Gesamtverband stellt Bericht zur Armut in Deutschland vor

Mit einer Armutsquote von 16,1 Prozent in Deutschland bilanziert der Paritätische Gesamtverband in seinem heute veröffentlichten Armutsbericht einen neuen Höchststand und einen besorgniserregenden Aufwärtstrend der seit 2006 zu beobachtenden Armutsquoten. Der Verband fordert von der neuen Bundesregierung mehr Engagement in der Armutspolitik und eine schnellstmögliche Anhebung der Regelsätze.

In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Armutsquote im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 19,7 Prozent. Im bundesweiten Vergleich belegt Mecklenburg-Vorpommern weiterhin einen der letzten Plätze in der Armutsstatistik, gefolgt von Berlin und Sachsen Anhalt (beide 20,6 Prozent) und weit abgeschlagen Schlusslicht Bremen mit einer Armutsquote von 28,4 Prozent. Spitze bleiben Bayern und Baden-Württemberg, wobei der Abstand zwischen Bayern (11,6 Prozent) und dem schlechtplatziertesten Bundesland Bremen (28,4 Prozent) mittlerweile 16,8 Prozentpunkte beträgt.

Laut Bericht hat die Pandemie Arm und Reich unterschiedlich hart getroffen. „Dass die Armutsquote aber in dieser wirtschaftlichen schwierigen Zeit nicht noch weiter gestiegen ist, zeigt, dass die rasch ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Ländern zur Krisenbewältigung teilweise neue Armut verhindern konnten. Gezielte Hilfen für besonders bedürftige Familien aber unterblieben. Für sie wurde die  Not immer größer und die Ausgrenzung immer härter“, sagt der Vorsitzende des Paritätischen Mecklenburg-Vorpommern e.V. Friedrich Wilhelm Bluschke.

Diverse Schutzschirme, Kurzarbeitergeld,  aber  auch  Arbeitslosengeld I zeigen sich laut Bericht als wirksame  Instrumente  der Armutsvermeidung. „Sie verhinderten zwar keine Einkommenseinbußen, bewahrten aber ganz offensichtlich viele Menschen in der Krise vor dem Fall in die Armut.“ Auffällig sei, dass Einkommensverlierer der Corona-Krise vergleichsweise mehr Selbständige als abhängig Beschäftigte sind, was auch seinen Niederschlag in der Armutsquote gefunden hat.

Das soziodemografische Risikoprofil bleibt auf dem der Vorjahre:  Nach  wie  vor  zeigen  Haushalte  mit  drei  und  mehr  Kindern  (30,9  Prozent)  sowie  Alleinerziehende  (40,5  Prozent)  die  höchste  Armutsbetroffenheit aller Haushaltstypen. Erwerbslose (52 Prozent) und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen (30,9 Prozent) sind ebenfalls sehr stark überproportional betroffen. Das gleiche gilt für Menschen mit  Migrationshintergrund  (27,9  Prozent)  und  ohne  deutsche Staatsangehörigkeit (35,8 Prozent).

Trotz der seit Jahren gleichen Gruppen mit besonders hohem Armutsrisiko sei es seit Jahren nicht gelungen, die Armutsquote nachhaltig zu senken. „Wir brauchen schnellstmöglich armutspolitische Reformen von der Bildung bis zur Alterssicherung sowie eine individualisierte Arbeitsmarktförderung und eine gute Infrastruktur, die alle mitnimmt“, fordert Bluschke mit Blick auf die Folgen der Corona-Krise.

Von der neuen Ampel-Regierung fordert der Paritätische Gesamtverband eine schnellstmögliche Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung. „Der Regelsatz ist und bleibt die zentrale Stellgröße im Kampf gegen die Armut und für den Zusammenhalt dieser Gesellschaft“, so der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. „Wer dies ignoriert, wird keine erfolgreiche Armutspolitik machen können. Wir appellieren dringend an die Bundesregierung, hier nicht weitere vier Jahre tatenlos zu bleiben.”

Der Armutsbericht des Paritätischen arbeitet mit amtlichen Statistiken, u.a. einer Auswertung des Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, der erstmals zuverlässige Armutsquoten für das Pandemie-Jahr 2020 liefert. Der Vergleich der Ergebnisse aus den Erhebungen 2020 und 2019 ist aus methodischen Gründen nur eingeschränkt möglich. Doch fügen sich die aktuellen Daten in das Bild der letzten Jahre: Rückblickend auf 2006 lässt sich ein stetiger Aufwärtstrend ausmachen, der auch 2020 nicht gebrochen zu sein scheint. 2006 lag die Quote bundesweit noch bei 14,0 Prozent.

Den Bericht finden Sie unter: www.der-paritaetische.de/armutsbericht

Pressekontakt beim Paritätischen Gesamtverband: Gwendolyn Stilling Tel. 030 24636 305 E-Mail: pr@paritaet.org

Pressekontakt:
Stephanie Böskens
Der Paritätische Mecklenburg-Vorpommern
Gutenbergstraße 1, 19061 Schwerin
Tel.: 0385 59221 16
Mobil: 0152 5276 5785
E-Mail: stephanie.boeskens@paritaet-mv.de www.paritaet-mv.de