Aufbruchsstimmung bei Aufbau der Strukturen in MV
„Das waren aufregende Zeiten und wir waren voller Mut und in großer Aufbruchstimmung“, erinnert sich Christina Hömke. Sie übernahm damals die Geschäftsführung des Verbandes – bis heute. Gerne blickt sie zurück in diese aufregende Anfangszeit, in der nichts da war und irgendwie alles noch geschaffen werden musste. Eine richtige Geschäftsstelle gab es im Herbst 1990 nicht. „Unterschlupf fand ich im Klassenzimmer einer ehemaligen Berufsschule in einem alten Backsteinhaus in der Arsenalstraße in Schwerin“, erzählt Hömke. Die ersten Monate stemmte sie allein, organisierte Räumlichkeiten, Möbel, Strukturen. „Zum Telefonieren musste ich mich an der Fernsprechanlage der alten Post in der Mecklenburgstraße anstellen“, berichtet sie schmunzelnd, „von Datenschutz keine Spur.“
Der Paritätische wächst
Im Januar 1991 nahmen die ersten vier Mitarbeiter ihre Arbeit auf. Die Geschäftsstelle des Paritätischen zog um - immer noch beengt aber etwas komfortabler - in die Schusterstraße. Unterstützung beim Aufbau der Strukturen kam in erster Linie vom Paritätischen in Schleswig Holstein. „Wir haben sehr eng zusammengearbeitet und interne Arbeitsabläufe aus Kiel übernommen.“ Im Aufbau befanden sich auch die Mitgliedsorganisationen des Landesverbandes in ganz Mecklenburg-Vorpommern. „Mit einer unbändigen Kraft und Energie haben die Menschen in den Vereinen vor Ort die Gestaltung ihres Gemeinwesens und ihrer persönlichen Zukunft in die Hand genommen“, so Hömke. „Sie waren es, die verantwortungsvoll mit Kreativität und Mut Vereine und Initiativen aufgebaut und den Paritätischen in seiner Vielfalt geprägt haben.“
Einsatz mit starker Stimme für die Schwachen der Gesellschaft
Zu den ersten Mitgliedern gehörten u.a. Vereine wie die Lebenshilfe, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Volkssolidarität, Sozialverbände wie der VdK und der SovD, der Arbeitslosenverband und der Allgemeine Behindertenverband. „Die Themen auf unserer Agenda waren schon vor 30 Jahren die gleichen wie heute: Gerechtigkeit und Teilhabe für alle Menschen in Mecklenburg-Vorpommern“, so die Geschäftsführerin. „Neu war, dass wir mit unseren Erfahrungen Einfluss nehmen konnten auf die Gestaltung der Sozialpolitik, damit sie sich in der Praxis auch bewährt. Als Wächter für die, die nicht für sich selber sprechen können, übernehmen wir das, seien es Kinder, ältere Menschen oder kranke sowie Menschen mit Behinderungen. Damals wie heute.“
Netzwerk aus Vielfalt, Offenheit und Toleranz
Vielfalt, Offenheit und Toleranz sind die Werte des Wohlfahrtsverbandes, der parteipolitisch und konfessionell unabhängig ist. Diese Vielfalt spiegelt sich in seiner Mitgliederstruktur, die offen ist für große und kleine Vereine. „Wir sind Unterstützer, Dienstleister und Berater für unsere Mitgliedsorganisationen und vertreten ihre Interessen gegenüber Politik und Verwaltung.“ 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten heute mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Geschäftsstelle des Paritätischen. „Wir schaffen für unsere Mitglieder ein Netzwerk von dem wir alle gegenseitig mit unserem Wissen und unseren Erfahrungen profitieren.“
Der Mensch im Mittelpunkt: Wertvolle Hilfe und Unterstützung landesweit
30 Jahre Erfahrung haben ihre Spuren hinterlassen. Längst sind die Vereine von damals aus den Kinderschuhen und haben sich mit ihren vielfältigen Einrichtungen und Leistungen zu sozialen Unternehmen von hoher Qualität entwickelt. Sie leisten durch ihre Angebote nicht nur wertvolle Unterstützungsleistungen in den Städten und Gemeinden, sie sind auch wichtige Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor im Land. „Wir brauchen die Kitas und die Pflegeheime, wir brauchen die Beratung, die Selbsthilfeangebote und das Ehrenamt in den Gemeinden“, sagt Hömke. „Wir brauchen aber auch Fachkräfte im sozialen Betreuungssystem, die diese Arbeit leisten und zwar zu angemessenen Löhnen.“ Dazu fordert die Geschäftsführerin Gesetze, die dieser Tatsache nicht länger im Wege stehen. Solange die Pflegeversicherung nicht grundlegend reformiert werde, bleibe das Desaster bestehen: Die Kosten landen bei den Betroffenen, die sie nicht aufbringen können. Am Ende müssten die Sozialkassen zahlen. Eine Last der Kommunen, die auf Dauer nicht zu stemmen sei. „Umso wichtiger ist es, dass Experten aus Politik und Experten der Verbände und Träger zusammenarbeiten und gemeinsam nach Lösungen suchen. Egal welche Herausforderung zu bewältigen ist, der Mensch mit seiner jeweiligen Problemlage sollte immer im Mittelpunkt stehen.“
210 Mitgliedsorganisationen vereinen sich heute unter dem Dach des Paritätischen Mecklenburg-Vorpommern. In ihren Einrichtungen und Diensten arbeiten rund 17.000 Haupt- und etwa 5000 Ehrenamtliche beispielsweise in der Kinder,- Jugend- Familien- und Altenhilfe, in der sozialen und psychosozialen Versorgung, in der Behindertenhilfe, der Migrantenhilfe, der Drogen- und Suchthilfe, Betreuung und Beratung von Langzeitarbeitslosen, in der Gesundheitsförderung, Selbsthilfe und in den Freiwilligendiensten. Sie alle sorgen mit ihren Angeboten und Begegnungsmöglichkeiten in den Dörfern und Städten für sozialen Zusammenhalt und stärken die Demokratie.
„Viele Mitarbeitende, Vorstände und Mitgliedsorganisationen sind an der 30-jährigen Erfolgsgeschichte des Wohlfahrtsverbandes beteiligt. Sie alle haben dazu beigetragen, dass ein breites soziales Netzwerk an Hilfs- und Unterstützungsangeboten entstehen konnte, auf das wir stolz sein können“, bilanziert der Vorsitzende des Verbandes, Friedrich Wilhelm Bluschke. Die soziale Infrastruktur konnte trotz größter Herausforderungen und Probleme in der derzeitigen Corona-Krise aufrechterhalten werden“, lobt er. Das zeige, wie wichtig und unverzichtbar eine gute soziale Infrastruktur für die Menschen sei. „Wir werden uns weiterhin gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen mit Nachdruck für ein offenes, vielfältiges und soziales Mecklenburg-Vorpommern einsetzen“, verspricht er. In schwierigen Zeiten niemanden zurücklassen, dafür steht der Paritätische Wohlfahrtsverband - damals wie heute.