Paritätische Expertise zu Bildungs-und Teilhabepaket: Nicht einmal jedes fünfte Kind im Bürgergeldbezug profitiert von Leistungen

Im Bundesdurchschnitt bekommen gerade einmal 18 Prozent der anspruchsberechtigten Kinder zwischen sechs und unter 15 Jahren Leistungen aus dem Bildungs-und Teilhabepaket. Das ist das Ergebnis der aktuellen Expertise „Teilhabequoten im Fokus“ der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands.

Die Forschungsstelle hat untersucht, ob und in welchem Umfang Teilhabeleistungen bei Kindern und Jugendlichen ankommen.

Mit einer Teilhabequote von 38,1 Prozent gehört Mecklenburg-Vorpommern zu den Bundesländern, in denen im Bundesvergleich die meisten Kinder von Teilhabeleistungen profitieren - direkt hinter Spitzenreiter Schleswig-Holstein mit einer Teilhabequote von 58,1 Prozent. „Dennoch bleibt das Bildungs-und Teilhabepaket ein sozialpolitisches Sorgenkind“, sagt der Geschäftsführer des Paritätischen Mecklenburg-Vorpommern, Dieter Eichler. „Bei einer Quote von 38 Prozent erhält in MV im Schnitt nur jedes dritte Kind Teilhabeleistungen. Das heißt, die Teilhabeleistungen laufen auch hierzulande leider weitgehend ins Leere.“

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde vor zwölf Jahren ins Leben gerufen, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe und die Beteiligung an Bildungs-, Kreativ- oder Sportangeboten zu ermöglichen. Trotz zahlreicher Reformversuche gelang es bisher nicht, dieses Ziel zu erreichen. Die  Expertise legt dar, dass die Teilhabeleistung von bis zu 15 Euro, die Kindern in Bürgergeld-Familien monatlich zur Finanzierung etwa von Vereinsaktivitäten bekommen können, selten ankommt.

„Offensichtlich ist das Bildungs- und Teilhabepaket das falsche Instrument, um echte Teilhabe zu ermöglichen“, so Eichler. „Mit 15 Euro im Monat kommt man nicht weit, häufig kommen Leistungen aber auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort nicht an.“ Das bestätigt die Studie. Hohe Teilhabequoten würden dagegen häufig durch ein gutes Informationsangebot über die Leistungen des Bildungs-und Teilhabepaketes erreicht.

Betrachtet man die für die konkrete Umsetzung der Teilhabeleistung zuständige kommunale Ebene, so zeigt sich auch in MV ein heterogenes Bild: In Nordwestmecklenburg liegt die Teilhabequote bei 76,5 Prozent gefolgt von der Landeshauptstadt Schwerin (73,7 %) und der Mecklenburgischen Seenplatte (65,5%).  Mit einer Teilhabequote von 11,2 Prozent steht der Landkreis Rostock neben Vorpommern Greifswald (13,1) auf den hinteren Plätzen.

Die Paritätische Forschungsstelle erstellt bereits zum vierten Mal eine Expertise zur Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets mit dem stets gleichen Ergebnis: Die Leistungen erreichen einen Großteil der Berechtigten nicht. Auch der letzte Reformversuch in Form des Starke-Familien-Gesetzes von 2019 hat keine wesentlichen Verbesserungen bewirkt. Die starken regionalen Schwankungen belegen außerdem, dass die Art der Umsetzung vor Ort erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme hat.
 

Der Paritätische sieht das Bildungs- und Teilhabepaket als grundsätzlich gescheitert an. „Gegen Armut hilft immer noch Geld, ganz egal wie alt die Empfängerinnen und Empfänger sind“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider. Der Paritätische schlägt vor, diese Leistungen in den Regelsatz zu reintegrieren, anstatt dies über Bildungskarten zu organisieren. Darüber hinaus plädiert Schneider für die im Koalitionsvertrag versprochene, vor Armut schützende Kindergrundsicherung und ihre zügige Einführung nebst ausreichender Finanzierung im Bundeshaushalt.

Die Expertise ist beschränkt auf Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis unter 15 Jahren, die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II beziehen. Dafür wurden die im Jahr 2022 an die Bundesagentur für Arbeit übermittelten Daten für diese Leistungsart ausgewertet.

Die Expertise finden Sie hier.