„Um Pflege zukunftsfest und gerecht zu gestalten, ist die Reform der Pflegeversicherung unabdingbar“, sagt Dieter Eichler, Geschäftsführer des Paritätischen MV. „Die solidarische Pflegevollversicherung soll die finanzielle Last fair auf alle Schultern verteilen und gleichzeitig die Leistungen für Pflegebedürftige verbessern.“ Laut Gutachten würde eine Vollversicherung, die Kosten umfassend abdecken, anders als die jetzige Pflegeversicherung, die erhebliche Eigenanteile von den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen verlangt.
„Unser Gutachten zeigt, dass eine Vollversicherung auch langfristig im Rahmen der Sozialversicherung finanzierbar ist, ohne den Beitragssatz wesentlich erhöhen zu müssen, wenn die Pflegeversicherung gleichzeitig zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt wird, in die alle einzahlen und in der alle Einkommensarten beitragspflichtig sind“, sagt Prof. Dr. Heinz Rothgang, Professor für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung an der Universität Bremen. Kostensenkend wirke sich dabei aus, dass privat Versicherte und weitere Einkommen einbezogen sowie die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden würde.
Derzeit müssen Pflegebedürftige für ihren Aufenthalt im Pflegeheim einen hohen Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten aufbringen, da der Leistungsbeitrag aus der Pflegeversicherung die tatsächlichen Kosten nicht annährend deckt. Im ersten Jahr des Heimaufenthalts betragen diese pflegebedingen Eigenanteile in Mecklenburg-Vorpommern aktuell durchschnittlich 1.387 Euro pro Monat (Bundes-Durchschnitt 1.494 Euro). Hinzu kommen weitere Eigenanteile für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von durchschnittlich 807 Euro (Bund 977 Euro) und Investitionskosten in Höhe von durchschnittlich 353 Euro (Bund 497 Euro). Insgesamt liegen somit die durchschnittlichen Eigenanteile während des ersten Jahres eines Heimaufenthalts für Mecklenburg-Vorpommern bei 2.547 Euro. Der entsprechende Bundes-Durchschnitt liegt bei 2.968 Euro.
Dennoch ist mehr als ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen auf Sozialhilfe angewiesen, Tendenz steigend. Pflegebedürftige sind besonders stark von Armut bedroht, denn sie können mit ihren durchschnittlichen Alterseinkünften diese finanzielle Belastung nicht schultern.
Die Zahl der Pflegebedürftigen in Mecklenburg-Vorpommern hat 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben des Statistischen Amtes MV erhielten 35.282 Personen ambulante Pflege – ein Anstieg von 5,4 Prozent (1.798 Personen) im Vergleich zu 2021. Auch die Zahl der Menschen in stationärer Pflege wuchs auf 25.818 – ein Plus von 2,9 Prozent. Diese Entwicklung erfordert entschlossenes Handeln.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Dr. Joachim Rock, ist überzeugt: „Jetzt haben wir schwarz auf weiß, wie wir die Pflegeversicherung aus der Krise holen und die Explosion der Pflegekosten für Betroffene stoppen. Die solidarische Pflegevollversicherung gehört ganz oben auf die To-do-Liste einer neuen Bundesregierung”, fordert er.
In Auftrag gegeben wurde das Gutachten vom Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung. Dem Bündnis gehören an: Der Paritätischer Gesamtverband, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB), der Deutsche Frauenrat, der BIVA-Pflegeschutzbund, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Volkssolidarität, die Arbeiterwohlfahrt AWO und die IG Metall.
Das Gutachten finden Sie hier sowie verbunden mit weiteren Informationen zu den Forderungen des Bündnisses hier: www.solidarische-pflegevollversicherung.de