Kostenheranziehung für junge Menschen im SGB VIII fällt ab 1.1.23 weg

Vom 1. Januar an fällt die Kostenheranziehung für junge Menschen im SGB VIII weg. Der Paritätische hatte sich lange für diese Gesetzesänderung stark gemacht.

 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2022 seine Zustimmung zu der entsprechenden Gesetzesänderung gegeben.

Der Gesetzgeber sieht von der einkommensabhängigen Kostenheranziehung von jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII im Rahmen der stationären und teilstationären Kinder- und Jugendhilfe ab und hebt den Tatbestand der Kostenheranziehung von Ehegatten und Lebenspartnern auf. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass junge Menschen in stationärer Unterbringung, Leistungsberechtigte nach § 19 SGB VIII sowie Ehegatten und Lebenspartner vollständig zumindest über ein selbst erzieltes Einkommen verfügen können und dieses nicht mehr durch das Jugendamt herangezogen werden kann.

Zusätzlich profitieren auch junge Menschen, die eine Berufsausbildungsbeihilfe oder ein Ausbildungsgeld nach SGB III erhalten. Demnach werden die monatlichen Leistungen nach § 56 des Dritten Buches (Berufausbildungsbeihilfe) bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages (aktuell 109 Euro) und monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches (Ausbildungsgeld) bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages (aktuell 126 Euro) ebenfalls nicht herangezogen.

Stimme der Jugendhilfe wurde gehört
Damit wurden die Stimmen junger Menschen aus der Jugendhilfe tatsächlich gehört. Der Verein Careleaver e.V. hat u.a. in der Anhörung im Deutschen Bundestag als Sachverständige sehr deutlich machen können: „ … der Careleaver e.V. [sieht] in der Kostenheranziehung ganz sicher nicht ein geeignetes Instrument, um jungen Menschen, die in der Jugendhilfe aufwachsen, einen angemessenen Umgang mit Geld zu vermitteln. Im Gegenteil. Vor dem Hintergrund der besonderen Biografien und der Lebensbedingungen, die ursächlich für das Aufwachsen in stationärer Jugendhilfe waren, ist die Kostenheranziehung vielmehr eine weitere Hürde und keine Unterstützung zur selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung.

Tatsächlich aber würden wir uns wünschen, dass junge Menschen vor ihrem Übergang in die Selbständigkeit mehr Unterstützung bekommen, was ihr Wissen über Finanzen, den Umgang mit Geld, Versicherungen oder Schulden betrifft.

Seit 2020 unterhält der Careleaver e.V. einen Notfallfonds. Mit den dafür eingeworbenen Spenden unterstützt der Verein Careleaver, die durch ihren Übergang aus der Jugendhilfe in die Eigenständigkeit Gefahr laufen, in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Ein klassisches Beispiel ist die Situation, dass zwischen Jugendhilfe und der Aufnahme eines Studiums / einer Ausbildung eine finanzielle Lücke entsteht: Das Bafög ist zwar beantragt, aber noch nicht bewilligt, der Wohngeldantrag zwar ausgefüllt, aber eben noch keine Auszahlung auf dem Konto angekommen.

Diese Lücken haben für Careleaver teilweise dramatischen Folgen. Denn, auch darauf machte Laurette Rasch aufmerksam: Sie haben im Vergleich zu ihren gleichaltrigen Peers oft kein soziales Netz, das ihnen schnell und unkompliziert bei unvorhergesehenen Mehrausgaben unter die Arme greifen kann. Weiter Informationen erhalten Sie hier: https://www.careleaver.de/kostenheranziehung-2/ 

Vom 1. Januar gilt es, die Vorgaben des Gesetzgebers umzusetzen. Das heißt: Jugendämter müssen die Kostenheranziehung in den benannten Fällen schnellstmöglich mit Geltung ab dem 1. Januar 2023 einstellen. Öffentliche und freie Jugendhilfe sind mehr denn je in der pädagogischen Verantwortung, die jungen Menschen im Umgang mit dem eigenen Einkommen und in Vorbereitung eines selbständigen Lebens außerhalb der Jugendhilfe so vorzubereiten, dass den jungen Menschen ein guter und (finanziell) sicherer Übergang ermöglicht wird.